Wie wird ein Verkehrsflugzeug gewaschen?


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Organisation und Risiken

Die Arbeit

Die Fluggesellschaft Swiss möchte dass die Flügel des Langstreckenflugzeugs Airbus A330-200 mit der Immatrikulation HB-IQJ gewaschen werden. Dazu wird vorgängig intern einen ,,Special Request'' plaziert. Daraus ist das Wunschdatum ersichtlich, wann und wo der Flieger im Hangar stehen wird. Im Fall der HB-IQJ (Hotel Bravo - India, Quebec, Juliet -> so wird das Flugzeug in der Fachsprache genannt) wurde ein Standplatz in der Werft 3 zugewiesen. Das Waschteam ist bereits vorinformiert und überwacht interessiert den Computerschirm. Darauf ist ersichtlich, dass der Airbus bereits, von einem Schlepper gezogen, auf dem Weg zur Werft 3 ist. Die in die Jahre gekommenen Traktoren der SR Technics stehen mit der Saponex (F) Seifenlösung einsatzbereit. René Nickler der Schichtführer rechnet nochmals kurz vor: 100 Liter Seifenlösung sollten für diesen Waschvorgang reichen. Es ist bereits 7:00 Uhr morgens und um ca. 11 Uhr wird die Arbeit nach ca. 16 angefallenen Mannstunden getan sein.

Auch das Flugzeugwaschen ist streng durch die Luftfahrtbehörden und den Flugzeugherstellern reglementiert. Jeder Hersteller hat eigene Angaben und Vorschriften welche sich zwar im grossen und ganzen gleichen, jedoch im Detail doch anders sind. Für jede Arbeit die an einem Flugzeug vollführt wird, werden sog. Jobkarten ausgedruckt. In unserem Fall wurde eine zwölfseitige Arbeitsanweisung, welche komplett auf Englisch abgefasst ist ausgedruckt. Die Waschequipe wir anhand dieser den kompletten Waschvorgang vollführen.

Jede ,,Jobkarte'' ist in mehrere Kapitel unterteilt. Diese Arbeitsanweisung ist für alle bindend und muss Schritt für Schritt abgearbeitet werden. Damit die Anweisungen auch eingehalten werden ist ein ausgeklügeltes Kontrollsystem eingebaut. Je nach Wichtigkeit muss der Mechaniker bereits nach einem vollzogenen Arbeitsschritt die korrekte Ausführung mit seiner Unterschrift bestätigen (Fachausdruck ,,er schreibt ab''). Bei wichtigen Arbeitsschritten welche bei Falschausführung zu einem gravierenden Fehler führen können, muss die Jobkarte zusätzlich durch einen Ingenieur abgeschrieben werden. Allfällige Fehler werden durch dieses Kontrollsystem bereits im Voraus verhindert oder spätestens bei der Kontrolle beseitigt. Nachfolgendes Beispiel soll den oben erwähnten Qualitätssicherungsprozess Nachdruck geben.

Während die Technik seit den 80er Jahren immer zuverlässiger wird, so steigt die Anzahl der Unfälle durch ,,Human Factor'' stetig an. Auch beim Flugzeugwaschen können solche Fehler schnell in einer Katastrophe enden.

Am 2. Oktober 1996 hatte die Bodencrew am Lima International Airport kurz vor Abflug beim Waschen des Flugzeugrumpfes die elektronischen Sonden auf der linken Seite der Maschine mit Kreppklebeband überdeckt - dies damit kein Wasser in die sensible Sensorik eindringen kann. Diese Sonden sind kleine ,,Messfühler'' aus Metall, welche den Luftdruck, Aussentemperatur und Fluggeschwindigkeit messen. Der Bordcomputer verarbeitet diese Daten und erstellt die Steuerbefehle an den Autopiloten. Da diese Sonden zugeklebt waren, war die hochtechnische Boeing 757 quasi blind. Nach einem verzweifelten 28 Minuten langen Irrflug stürzte Flug 603 der Aero Peru mit 61 Passagieren und 8 Besatzungsmitglieder in den Pazifik. Es gab keine Überlebenden.


Als Folge dieses Absturzes wurden alle Waschprozeduren und Checklisten weltweit angepasst. Aus diesem Grund ist auf der Jobkarte von Airbus unter Kapitel 2 zu lesen:

,, DO NOT APPLY ADHESIVE TAPE ON THE PROBES, DUCTS, SENSORS.''

Aus der Jobkarte ist ebenfalls zu entnehmen welches Material oder Werkzeug zur jeweiligen Ausführung der geplanten Arbeit benötigt wird. Die Arbeitsanweisung beherbergt eine weitere Besonderheit. Nach jedem Arbeitsschritt werden Warnungen und Gefahrenpotentiale aufgezeigt.

,,DO NOT WASH THE AIRCRAFT IF THE HANGAR TEMPERATURE IS BELOW 2 DEGREES C OR IF THE WING TOP SURFACE TEMPERATURE IS BELOW 2 DEGREES C. ''

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